Reisen in grosse Höhen
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Reisen in grosse Höhen: Tipps gegen die Höhenkrankheit

Erfahren Sie hier, auf was Sie bei Reisen in grosse Höhen besonders beachten müssen, wie Sie sich vorbereiten können, welche Symptome bei einer allfälligen Erkrankung auftreten und welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt.

Unsere Reisen führen häufig nicht nur in spannende und exotische Länder, sondern immer öfter in klimatische Extremgebiete oder in grosse Höhen. Waren solche Expeditionen früher einigen wenigen Bergsteigern vorbehalten, so kann heute – nach einigen Abklärungen und einer guten Beratung – einem grossen Publikum eine solche Traumreise ermöglicht werden.

Die einfachste, sinnvollste und beste Massnahme, um die akute Bergkrankheit und die lebensbedrohlichen Hirn- und Lungenödeme zu verhindern, ist ein langsamer Aufstieg. Reisende in grosse Höhen müssen sich Zeit nehmen. 

Idealerweise wählt man einen erfahrenen und seriösen Reiseveranstalter, welcher die Reise kennt und auch gute lokale Partner vor Ort hat. 

Trekker*innen und Bergsteiger*innen, die ihre alpinistischen Erfahrungen in den Alpen gesammelt haben und konditionell fit sind, aber auch Trekker*innen, die das erste Mal in grosse Höhen reisen, steigen häufig zu schnell auf. Sie unterschätzen die Höhe und die Reaktion, die der verminderte Luftdruck und daran gekoppelt der verminderte Sauerstoffpartialdruck auf den Körper hat.

Zudem führen zu ambitiöse Aufstiegsprofile, einerseits durch unseriöse kommerzielle Anbieter, anderseits durch unerfahrene Bergsteiger*innen, zu einer ungenügenden Akklimatisation (=Anpassung an die Höhe). Die Folge sind höhenbedingte Erkrankungen, die durch einen langsamen Aufstieg und eine gute Reiseplanung vermieden werden können.

Eine medikamentöse Akklimatisationshilfe ist fast nie nötig. Ausnahmen sind ein rascher Aufstieg in Notfällen, oder aber der Reisende ist anfällig auf Höhenkrankheiten. In einer solchen Situation empfiehlt es sich, einen auf Höhenmedizin spezialisierten Arzt zu konsultieren.

1) Planung und Vorbereitung

  • Eine Reise in grosse Höhen braucht eine frühzeitige und sorgfältige Planung.
     
  • Reden Sie mit erfahrenen Bergsteigern, und informieren Sie sich umfassend über die Situation vor Ort, das Aufstiegsprofil, die Schlafhöhen, die benötigte Ausrüstung. 
     
  • Eine frühzeitige ärztliche Beurteilung der Eignung für (Höhen-) Expeditionen ist insbesondere für ältere Personen und solche mit vorbestehenden Gesundheitsproblemen ratsam (z.B. Lungenkrankheiten, Epilepsie, Diabetes, Herzbeschwerden, regelmässig einzunehmende Medikamente). Auch für gesunde Gipfelaspirant*innen kann sich eine Beratung lohnen, da sich die Chancen auf einen Gipfelerfolg durch eine gezielte Vorbereitung deutlich erhöhen.
     
  • Trainieren Sie und halten Sie sich fit. Im Idealfall machen Sie mindestens sechs Monate vor der Reise einen Leistungstest und lassen Sie sich einen individuellen Trainingsplan zusammen stellen. 
     
  • Impfungen sollen gemäss den allgemein gültigen Regeln und unter Berücksichtigung der Erfordernisse für die Zielländer aufgefrischt oder ergänzt werden. 
     
  • Nehmen Sie eine dem Zielland adaptierte und geeignete Reiseapotheke mit. Fragen Sie höhenversierte Ärzt*innen und Reisemediziner*innen nach der idealen Zusammensetzung. 


2) Höhenbedingte Erkrankungen

Allen höhenbedingten Erkrankungen liegt ein vermindertes Sauerstoffangebot im Blut zugrunde. Diese Situation entsteht, weil in der Höhe der Luftdruck abnimmt, und in der Folge auch der Sauerstoffpartialdruck sinkt. Jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf die Höhe. Ein einfacher und für alle gültiger Test, ob man die Höhe erträgt oder nicht, existiert nicht. Weder der Trainingszustand noch das Alter schützen vor Erkrankungen.

3) Akklimatisation

Der menschliche Organismus kann sich durch komplexe Anpassungsreaktionen an die reduzierte Sauerstoffversorgung in der Höhe anpassen. Dieser Vorgang braucht Zeit. Und spezielle Regeln unterstützen die Akklimatisation. 

4) Akklimatisationsregeln 

  • Ab 2500 Meter die Schlafhöhen bis maximal 600 Meter/Nacht erhöhen.
  • Vermeiden grosser körperlicher Anstrengungen.
  • Pro 1200 Meter Höhengewinn einen Ruhetag einlegen.


5) Medikamentöse Akklimatisationshilfen 

Grundsätzlich ist es nicht nötig, Medikamente zur Vorbeugung von Höhenkrankheiten einzunehmen, insofern man die Akklimatisationsregeln befolgt. In Ausnahmefällen ist eine medikamentöse Prophylaxe aber zu empfehlen, insbesondere wenn:

  • Die Akklimatisationsregeln nicht eingehalten werden können (Anreise, Topografie, Rettungen).
  • In der Vergangenheit es trotz Einhalten der Akklimatisationsregeln zu einer Erkrankung gekommen ist. 

In diesen Ausnahmefällen empfiehlt es sich, vor der Reise mit einem auf höhen-medizinische Probleme spezialisierten Arzt Kontakt aufzunehmen. Um so ein individuelles Programm und eine medikamentöse Prophylaxe zu besprechen und gemeinsam eine Apotheke zusammenzustellen.


6) Acetazolamid  

  • Vorsorglich kann Acetazolamid, das den Säurehaushalt des Körpers beeinflusst und so die Atmung stimuliert, in Ausnahmefällen eingenommen werden (in Absprache mit Arzt, siehe oben).
     
  • Acetazolamid wird zwei Mal täglich in einer Dosis von 125-250 mg, beginnend am Tag vor der Höhenexposition ab etwa 2500 Meter, eingenommen. Acetazolamid kann auch bei beginnender Bergkrankheit eingenommen werden; die Symptome bilden sich damit rascher zurück. Das Medikament verursacht anfänglich eine vermehrte Urinausscheidung. Es ist deshalb besonders in grosser Höhe wichtig, reichlich zu trinken. Ferner können vorübergehende leichte Gefühlsstörungen in Händen, Füssen und am Mund auftreten. 
     

7) Die akute Bergkrankheit (Acute Mountain Sickness, AMS) 

Symptome: 

  • Die akute Bergkrankheit zeigt sich mit unspezifischen Symptomen wie Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit, Übelkeit, Appetitlosigkeit, Schwindel, Schlaflosigkeit und allgemeinem Krankheitsgefühl. 
     
  • Die Symptome treten häufig mit einer gewissen Latenz von bis zu 6-24 Stunden nach Erreichen einer neuen Höhe auf. 
     

8) Behandlung 

Behandlung erster, leichter Symptome der höhenbedingten Erkrankungen wie Kopfschmerzen, Appetitlosigkeit, etc.: 

  • Bei den ersten Anzeichen wird ein Ruhetag auf gleicher Höhe gemacht und symptomatisch ein Schmerzmittel, z.B. Ibuprofen, eingenommen. Anstrengungen werden vermieden. Meist bilden sich die Symptome dann zurück, und der weitere, langsame Aufstieg kann in Angriff genommen werden. 
     
  • Bei hartnäckigen oder zunehmenden Beschwerden ist ein Abstieg mindestens retour auf die Höhe, auf der sicher keine Symptome vorhanden waren, zu empfehlen. Meist sind dies 500 bis 1000 Meter. Es wird geraten, erst wieder höher aufzusteigen, wenn man sich vollständig erholt hat und sich gesund fühlt.


9) Höhenprobleme auf einen Blick

Erste Symptome (Kopfweh, Appetitlosigkeit, Übelkeit, Schlaflosigkeit): 

  • Ruhetag.
  • Paracetamol oder Ibuprofen gegen die Symptome einnehmen. 
  • Beginn mit Acetazolamid, 250-500mg pro Tag, überlegen. 

Notfallsituation mit schweren Symptomen: 

  • Abstieg, Abtransport, Sauerstoff. 
  • Dexamethason plus Adalat plus Acetazolamid.


10) Unterkühlung und Erfrierungen

Vorbeugen:

  • Guter Gesundheitszustand und Fitness, erstklassige Bekleidung und intelligentes Verhalten schützen am besten vor Erfrierungen. 
     
  • Die Kleidung muss die Gesamtkörperwärme bewahren. Kaltes und windiges Wetter in grosser Höhe verstärkt die Auswirkungen der Kälte drastisch. Gesicht, Hals und Nacken müssen bedeckt sein, da dort ein enormer Wärmeverlust entstehen kann. 


11) Behandlung 

  • In jedem Fall muss zuerst die Unterkühlung behandelt werden, bevor eine noch so schlimme Erfrierung behandelt wird, da eine Unterkühlung ein lebensbedrohliches Krankheitsbild ist. 
     
  • Die unterkühlte Person sollte passiv aufgewärmt werden, sei es durch Wärmepackungen, heisse Getränke oder Aufenthalt in einer warmen Hütte. Es braucht mehrere Stunden, um eine unterkühlte Person aufzuwärmen, auch wenn schon früher ein Gefühl der Erholung auftritt. 
     
  • Besteht das Risiko einer erneuten Kälteexposition und somit Erfrierung (z.B. weiterer Abstieg), sollten die Extremitäten nicht aufgetaut werden. 
     
  • Das Einreiben erfrorener Extremitäten mit Schnee ist falsch und darf nicht durchgeführt werden, da die Haut aufgrund der Erfrierung zerstört ist. 
     
  • Erfrorene Extremitäten werden in einer sicheren Umgebung im Wasserbad (ca. 37°C) aufgetaut. 
     
  • Zusätzliche Massnahmen: Verhindern von Infektionen (Desinfektion, steriler Verband, evtl. Antibiotikum).
     
  • Impfschutz überprüfen.

Die Informationen entstanden in Zusammenarbeit mit Dr. med. Urs Hefti, Ärztlicher Leiter der Swiss Sport Clinic in Bern und Vorstandsmitglied der Schweizerischen Gesellschaft für Gebirgsmedizin.

www.swiss-sportclinic.ch 

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